Die Erbschaft

Am Neujahrstag 2016 platzte eine kleine Bombe. Pir Zia Inayat Khan verkündete per Email und Video, dass der .Internationale Sufiorden’ ab Jahresbeginn 2016 einen neuen Namen führen wird. Die Begründung dafür, zukünftig den Namen „Inayati-Orden“ zu führen, klingt absolut schlüssig und einleuchtend.

Die inzwischen eingestellte Initiative der „Whistleblowing Sufis“ hatte schon sehr viel früher mit Nachdruck den Vorschlag unterbreitet, sich in Sinne von Pir Vilayat Khans Testament eher „Pupils of Hazrat Inayat Khan“ zu nennen. Die jetzt erfolgte Umbenennung zollt diesem Vorschlag nachträgliche Anerkennung.

Tatsächlich ist die Umbenennung als eine Umsetzung des ‚Letzten Willens‘ Pir Vilayat Khans zu sehen und daher zu begrüßen.
Wir sollten uns die Schüler von Hazrat Inayat Khan nennen und darauf verzichten, Sufi-Movement oder Sufi-Orden oder Ruhaniyat zu erwähnen.“ Pir Vilayat Khan 26.04.2004

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Der Dhikr der sieben Stellvertreter

Der Leib ist wie Maria. Jeder von uns hat einen Jesus, aber ehe sich in uns kein Schmerz zeigt, wird unser Jesus nicht geboren. Wenn der Schmerz niemals kommt, geht Jesus zu seinem Ursprung zurück auf demselben geheimen Weg, wie er gekommen war und wir bleiben beraubt und ohne Anteil an ihm zurück.“ Jalal-ud-din Rumi (übersetzt von Schimmel, Annemarie in „Meine Seele ist eine Frau – das Weibliche im Islam“, Kösel Verlag, 1995, Seite 96)

Dhikr (arab: ‏ذكر‎, auch: Zikr/Zekr) bedeutet wörtlich ‚Gedenken, Erinnerung’. Gemeint ist damit die intensive Erinnerung an das Göttliche und dessen Anwesenheit. Der Dhikr gilt als eine Art Werkzeug dafür, sich dieser göttlichen Anwesenheit bewusst zu werden.

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Universeller Gottesdienst und der Heilige Geist

„Wenn Du Angst davor hast, von Gott vereinnahmt zu werden, meditiere nicht. Sitze auf keinen Fall still.“ (frei nach Jiyu Kennett Roshi)

Im Anfang des Jahres 2009 hatte Assad Splieth auf der Leiterliste des Sufi Orden Deutschland (SOD) als konstruktive Initiative darum gebeten zu dem Thema „was ist das, die Botschaft unserer Zeit?“ Beiträge einzuschicken, um eine Debatte über die Zukunft des Sufi Ordens anzuregen. Der Rücklauf war ernüchternd. Insgesamt sechs LeiterInnen haben sich an dieser Initiative beteiligt und Antworten eingeschickt. Der Rest wartet anscheinend lieber auf die vorgefertigten Ergebnisse der vom Vorstand angekündigten Visionssuche.

Assad schrieb dann im April 2009 in seiner Antwort und Auswertung: „Ich möchte mich für euer aller Teilnahme bedanken. Aus euren Beiträgen habe ich gelernt (und hätten mehr sogenannte Leiter /innen teilgenommen, hätten wir das uns verbindende großartige Netz in diesem Austausch weitaus verzweigter entdecken und erforschen können; so hat das Netz „nur“ 6 Knoten). Ich habe gelernt: die Botschaft hat eine objektive, zeitlose Dimension, die sich der Beschreibung entzieht, und doch zu allen Zeiten der Menschen Sehnsucht und Nöte beantwortet. Es fällt uns schwer über so etwas innig Heiliges zu sprechen.“

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Rausch ist nicht unbedingt Vereinigung

Bei den Sessions auf einem Meditations-Camp in England, aber nicht nur dort, war ein Phänomen zu beobachten, bei dem die englischen Freunde die Bezeichnung ‚Space-Cadet’ verwendeten. Gemeint ist das Auftreten von Trance bei Teilnehmern von spirituellen Übungen.

In der Folge stellte sich die Frage, ob Trance mit einem Zustand von ‚samadhi’ oder ‚fana/baqa’ vergleichbar ist. Ob ‚samadhi’ und ‚fana/baqa’ vergleichbar sind, kann sicher nur jemand beantworten, der beide Zustände aus eigenem Erleben kennt. Ansonsten bliebe es Spekulation. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen ‚Trance’ und ‚Meditation’ oder deren Zielrichtung.

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Begriffe sind Begriffe

Viele leitende Personen innerhalb von Neo-Sufischen Organisationen sehen keine abstammungsgeschichtliche Verbindung von Sufismus und Islam und behaupten, Sufi sein zu können, ohne eine Verbindung zum Islam haben zu müssen. Ihrer Meinung nach ist der Sufismus eine uralte Weisheit. Entgegen der meist üblichen Annahmen leiten sie den Begriff Sufismus vom griechischen Wort Sophia (Weisheit) ab. Eine Weisheit, die den Menschen bereits vor der Zeit der Religionen bekannt gewesen sei.

Es gibt LeiterInnen im Sufiorden Deutschland, die sich seit Jahren konsequent weigern,  auch nur das Wort „Allah“ oder irgendein anderes arabisches Wort in den Mund zu nehmen. Nur und allein die Worte des Ordensgründers Pir-o-Murshid Hazrat Inayat Khan sind für sie akzeptabel.

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Einheit in der Vielheit

„Es gibt nicht Ödes, nichts Unfruchtbares, nichts Totes in der Welt, kein Chaos, keine Verwirrung, außer einer Scheinbaren, ungefähr wie sie in einem Teiche zu herrschen schiene, wenn man aus einiger Entfernung eine verworrene Bewegung und sozusagen ein Gewimmel von Fischen sähe, ohne die Fische selbst zu unterscheiden“ – Gottfried Wilhelm Leibniz, Monadologie § 69

Der Sufismus / tasawwuf beinhaltet in sich selbst den Begriff und die Auffassung der Universalen Einheit. Diese Einheit wird in einem der ‚Gottesnamen‘ als al-wāḥid / الواحد (Der Eine) bezeichnet. Als Einheit gilt der / die/  das Eine, dass sich aus Seiner Gesamtheit zusammen setzt, so wie die Teile eines Puzzles in ihrer Gesamtheit das Bild ergeben. Der Qur’an, auf dem die Lehren des Sufismus / tasawwuf, wie wir in seiner Ausprägung seit dem siebten Jahrhundert westlicher Zeitrechnung kennen, beruhen und darin tief verwurzelt sind, gibt es dazu die Aussage, dass wir die Einheit nicht als ein undifferenziertes Etwas betrachten sollen. Dies würde im Grunde der Göttlichen Schöpfung widersprechen, denn: „3. ER hat den Menschen erschaffen. 4. ER hat ihn artikuliertes Denken und Reden gelehrt. (4. allamahu l-bayân)“ (Qur’an 55: 3/4). Im Qur’an wird hierfür der Ausdruck bayân verwendet. Dieser Begriff schliesst das geistige Vermögen ein, eine Sache oder auch eine Idee deutlich zu machen oder begrifflich unterscheiden zu können. Dies wird in ähnlicher Weise auch in der zweiten Sure, Vers 31 des Qur’ans betont. Die dortige Aussage: „und ER lehrte Adam die Namen aller Dinge…“ ist nicht absolut wörtlich zu nehmen, sondern schlußfolgernd als Fähigkeit zu logischer Begriffsbestimmung und begrifflichem Denken zu betrachten.

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