Die Katze des Derwisch

Internet und Katzen sind zwei Dinge, die anscheinend untrennbar miteinander verbunden sind. Aber auch den Sufismus / taswwuf und Katzen verbindet seit vielen Jahrhunderten eine tiefe Beziehung.

Bis zum Ausbruch des aktuellen Krieges besuchte ich über Jahrzehnte hinweg mindestens einmal jährlich Syrien. Einer meiner ersten Wege in Damaskus führte mich dann regelmäßig in die Süleyman-Tekkiyye in Damaskus. In der kleinen Moschee, die zu dem Komplex gehört, gab es über lange Jahre hinweg einen alten Imam. Als ich ihn kennenlernte, war er bereits über achtzig Jahre alt. Ein kleiner, schmächtiger Mann, der mir grade bis an die Schulter reichte.

Ursprünglich stammte er aus Algerien, lebte aber wohl schon sehr lange in Damaskus. Ein ehemaliger Freiheitskämpfer und Geldeintreiber für die algerische Freiheitsbewegung, wie mir die Leute im Kunsthandwerksbasar der Anlage verstohlen zuflüsterten. Aber nicht alle Informationen erhielt ich verstohlen. Einer der Kunsthandwerker beschwerte sich bei mir offen über den Imam. Der Imam leite das Gebet falsch an, verwechsle Textpassagen und Bewegungsabläufe. Im Gespräch wurde allerdings sehr schnell klar, dass sich der Handwerker selber Ambitionen auf die Tätigkeit als Imam der Moschee machte.

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Kann man Knigge knicken?

„Gute Manieren bestehen aus lauter kleinen Opfern“ schrieb Ralph Waldo Emerson. Aber sind Opfer noch zeitgemäß, selbst wenn sie nur klein sind? Manche Ereignisse lassen leise Zweifel dazu aufkommen. Aber ist zeitgemäß gleichbedeutend mit „richtig“?

 

Anstand ist ein Kennzeichen derer, welche Gott liebt.“hadīth

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Die Weisheit der Narren

Wenn man sich längere Zeit mit dem Sufismus / tasawwuf beschäftigt, bleibt es nicht aus, dass man der „Figur“ Nasr-ud-din begegnet. Je nach Region trägt er verschiedene Namen. In der Türkei ist er etwa als Hodscha Nasreddin bekannt. Im Indo-Pakistanischen Gebiet gibt es eine Figar namens Watayo Faqir, im persischen Kulturkreis firmiert er unter Mollah Nasruddin, im arabischen oft nur unter seinem Namen ohne Titel. Hinter der Maske des „Narren“ vermittelt Nasr-ud-din Weisheit und Erkenntnis. Die Sufis werden in diesem Sinne oft als Narren bezeichnet, weil ihre Erkenntnisse meist dort angesiedelt sind, wo gewöhnliche Intelligenz oder akademische Bildung nicht greifen.

In der Einführung zu einem Buch von Idris Shah heißt es: „Was engstirnige Denker Weisheit nennen, halten Sufis oft für Unsinn, und sie bezeichnen sich daher manchmal selbst als ,Narren’. Durch einen Glücksfall hat das Wort für den ,Heiligen’ (wali), gemäß der Entsprechung von Buchstaben und Zahlen im Arabischen, den gleichen numerischen Wert wie das Wort für den ,Narren’ (balid). Wir haben also doppelten Grund, die großen Sufis als unsere eigenen Narren anzusehen.” Es kursieren hunderte dieser Geschichten, die teils in der breiten Öffentlichkeit als Witze, sogar in Boulevardzeitungen, erzählt werden, oder aber als Lehrgeschichten von Sufiorden / turuq verwendet werden. Ein Mythos besagt, dass sieben dieser Geschichten, in der richtigen Reihenfolge erzählt, zur Erweckung führen könnten. Neben der Geschichte, in der Nasr ud din im Schein einer Laterne seinen an anderer Stelle verlorenen Schlüssel sucht, dürfte die folgende Geschichte eine der bekanntesten sein.

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