Lebendiges Atmen

„Durch die Praxis des Dhikr (Erinnern Gottes) erwecken die Sufis bestimmte Zentren, die die Art und Weise steuern, wie der mind den Körper beeinflußt, und die sonst in einem schlummernden Zustand blieben … Wir erheben uns mittels des Atems wie mit einem Aufzug zu den höheren Ebenen der Existenz, halten uns dabei an dem Seil, das der physische Körper ist, fest und kehren wieder zum Erdgeschoß zurück.“ (Hazrat Inayat Khan – Spiritual Liberty)

Es sind überzeugende Berichte erhalten, aus denen hervorgeht, dass Hazrat Inayat Khan zu seinen Lebzeiten für „Neuanfänger“ unter seinen Schüler*innen / murids im ersten „Lehrjahr“ bei spirituellen Übungen (vazifa /vazaïf) ausschließlich auf Atemübungen setzte. Die Übungen mit den Namen Gottes (asma ul husna) erfolgten, wenn überhaupt, erst zu einem späteren Zeitpunkt der Schulung.

Den Zweck der Atemübungen vergleicht Hazrat Inayat Khan mit dem Aufziehen einer Uhr, die einmal aufgezogen, ohne Antrieb weiter laufe.  Es würden durch die Übungen im Körper Kanäle geöffnet und gereinigt. Beides sei eine Voraussetzung für eine erfolgreiche, weitergehende spirituelle Arbeit.

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Die Katze des Derwisch

Internet und Katzen sind zwei Dinge, die anscheinend untrennbar miteinander verbunden sind. Aber auch den Sufismus / taswwuf und Katzen verbindet seit vielen Jahrhunderten eine tiefe Beziehung.

Bis zum Ausbruch des aktuellen Krieges besuchte ich über Jahrzehnte hinweg mindestens einmal jährlich Syrien. Einer meiner ersten Wege in Damaskus führte mich dann regelmäßig in die Süleyman-Tekkiyye in Damaskus. In der kleinen Moschee, die zu dem Komplex gehört, gab es über lange Jahre hinweg einen alten Imam. Als ich ihn kennenlernte, war er bereits über achtzig Jahre alt. Ein kleiner, schmächtiger Mann, der mir grade bis an die Schulter reichte.

Ursprünglich stammte er aus Algerien, lebte aber wohl schon sehr lange in Damaskus. Ein ehemaliger Freiheitskämpfer und Geldeintreiber für die algerische Freiheitsbewegung, wie mir die Leute im Kunsthandwerksbasar der Anlage verstohlen zuflüsterten. Aber nicht alle Informationen erhielt ich verstohlen. Einer der Kunsthandwerker beschwerte sich bei mir offen über den Imam. Der Imam leite das Gebet falsch an, verwechsle Textpassagen und Bewegungsabläufe. Im Gespräch wurde allerdings sehr schnell klar, dass sich der Handwerker selber Ambitionen auf die Tätigkeit als Imam der Moschee machte.

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Rausch ist nicht unbedingt Vereinigung

Bei den Sessions auf einem Meditations-Camp in England, aber nicht nur dort, war ein Phänomen zu beobachten, bei dem die englischen Freunde die Bezeichnung ‚Space-Cadet’ verwendeten. Gemeint ist das Auftreten von Trance bei Teilnehmern von spirituellen Übungen.

In der Folge stellte sich die Frage, ob Trance mit einem Zustand von ‚samadhi’ oder ‚fana/baqa’ vergleichbar ist. Ob ‚samadhi’ und ‚fana/baqa’ vergleichbar sind, kann sicher nur jemand beantworten, der beide Zustände aus eigenem Erleben kennt. Ansonsten bliebe es Spekulation. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen ‚Trance’ und ‚Meditation’ oder deren Zielrichtung.

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